Reputationsrisiken von unethischem Handeln

Boni und hohe Managergehälter standen auch dieses Jahr im Zentrum der Aktionärsversammlungen. Ob die warnenden Abstimmungsresultate zu tieferen Obergrenzen führen, wird sich zeigen. Zu wenig Aufmerksamkeit erhielten Menschen, Umwelt und Klima.

Wieder ist eine Generalversammlungssaison über die Bühne gegangen. Leider beschränkte sich das Interesse der Grossaktionäre meist auf finanzielle Fragen. Ob der andauernden Auseinandersetzungen um die Entlohnung verpuffen andere wichtige Anliegen in den Bereichen Gesellschaft und Umwelt.

Umwelt versus Geschäft

Credit Suisse (CS) streicht ihr Engagement für den Klimaschutz gerne heraus und gibt an, Kohleminen und Kohlekraftwerke nicht mehr direkt zu finanzieren. Dem Geschäft zuliebe wird aber weiterhin indirekt in solche Unternehmen investiert. So auch im türkischen Amasra, wo ein Kraftwerk-Projekt wegen seiner negativen Auswirkungen auf lokale Ökosysteme, auf den Lebensraum der Bevölkerung, die Landwirtschaft und Fischerei von rund 120 lokalen Nichtregierungsorganisationen bekämpft wird. Bis Sommer 2016 konnten keine internationalen Investoren gefunden werden. Für CS kein Grund zur Zurückhaltung: Lokalen Quellen zufolge startete die Bank im Frühjahr Verhandlungen über eine indirekte Finanzierung. Auch bei der umstrittenen Ölpipeline in Dakota soll CS zu den wichtigsten Geldgebern gehören, und in Mosambik ist die Bank in Rüstungsgeschäfte verwickelt.

Kontroversen mit Nebenwirkungen

Auch die Konkurrentin UBS bleibt für ihre Investitionen in klimaschädliche Projekte wie Kohlekraftwerke, Fracking oder Bohrungen in der Arktis in der Kritik. Das Finanzinstitut ist ausserdem am diversifizierten US-Energiekonzern Duke Energy beteiligt, der wegen Verletzungen von Gewässerschutzbestimmungen in North Carolina zu einer Strafe von über 100 Millionen US-Dollar verurteilt wurde. Geschäfte, die nicht nur umweltschädigend und eine grosse Belastung für die lokale Bevölkerung sind, sondern auch finanziell risikoreich und reputationsgefährdend.

Entschieden zu weit gegangen ist der weltweit grösste Zementkonzern LafargeHolcim. Die französische Justiz leitete eine Untersuchung ein, weil publik wurde, dass das Unternehmen die IS-Miliz jahrelang finanziell unterstützt hatte. Unter starkem Druck durch Behörden, Grossaktionäre und Medien sah Lafarge Holcim nur noch einen Ausweg: Nach dem Rücktritt von Vizepräsident Bruno Lafont wurde kurz vor der Generalversammlung auch CEO Eric Olsen in die Wüste geschickt.

Auf Verantwortung pochen

Actares wird auch künftig ein wachsames Auge auf unethisches Verhalten der Schweizer Grossunternehmen haben – nicht zuletzt als aktive Unterstützerin der Konzernverantwortungsinitiative – und in Voten an den Generalversammlungen (GV) auf Reputationsrisiken hinweisen. Allerdings haben Kleinaktionäre durch die beschränkten Stimmrechte wenig Einfluss auf Abstimmungsresultate. Zwei Dinge bleiben umso wichtiger: einerseits die Tätigkeit der Arbeitsgruppen, die auch ausserhalb der GV-Saison versuchen, mithilfe von Briefen oder im Gespräch mit den Geschäftsleitungen bzw. ihren Kommunikationsabteilungen, Einfluss zu nehmen. Andererseits müssen grössere Investoren wie Pensionskassen, AHV oder Fonds die Interessen ihrer Partizipanten wahrnehmen und gegenüber den Unternehmen vertreten.