Zwei Welten bei Nestlé

Schwindelerregende Zahlen – 110 Milliarden Umsatz, 34 Milliarden Gewinn, 45 Milliarden aus dem Verkauf von Alcon an Novartis – kontrastieren mit den schwierigen Lebensbedingungen der Kleinproduzenten von Kaffee und Kakao sowie mit der anhaltenden Kinderarbeit.

Im Bericht zur gemeinsamen Wertschöpfung (Creating Shared Value) 2010, welcher der ländlichen Entwicklung gewidmet ist, erläutert Nestlé den Einsatz des Konzerns zugunsten der Kleinproduzenten: Direkteinkauf, technische Unterstützung, Verhaltenskodex für Lieferanten.

Kinderarbeit beenden

Einer der Hauptaspekte ist dabei der Kampf gegen die Kinderarbeit auf Kaffee- und Kakaoplantagen. An der GV hat ACTARES Nestlé aufgefordert, bei seinen Lieferanten keine Kinderarbeit mehr zu dulden. Die neu in den Nestlé-Verwaltungsrat gewählte ehemalige UNICEF-Generaldirektorin Ann Veneman könnte helfen, dieses Engagement voranzutreiben.

Die von Nestlé mitbegründete International Cocoa Initiative (ICI) setzt sich auch für Verbesserungen ein. Die bisherigen Erfolge sind indessen eher symbolischer Natur: Der Cocoa Plan deckt nur gerade 1,5 % der Einkäufe von Nestlé ab. Der Plan sieht Investitionen von 110 Millionen Franken innert zehn Jahren vor - eine schöne Summe, aber längst nicht genug.

Direkteinkäufe bei den Produzenten

Den Kaffeebedarf deckt Nestlé nur gerade zu rund 10% durch Direkteinkäufe bei den Produzenten. Nestlé strebt zwar an, diesen Anteil bis 2015 zu verdoppeln und bis 2020 einen weiteren Teil der Einkäufe vom Netzwerk SAN (Sustainable Agriculture Network) und von der Rainforest Alliance zertifizieren zu lassen. Doch dies genügt nach Auffassung von ACTARES nicht.

Vergütungen jenseits des vernünftigen Rahmens

Einmal mehr hat ACTARES den Vergütungsbericht abgelehnt, der dem Aktionariat zur Konsultativabstimmung vorgelegt wurde. Die Vergütungen für den Verwaltungsratspräsidenten (8,3 Millionen) und für den CEO (10,5 Millionen) sind aus der Sicht von ACTARES übertrieben. Keine noch so gute Unternehmensführung vermag derartige Beträge zu rechtfertigen.

Functional Food im Aufwind

Im September 2010 gab Nestlé die Gründung von Nestlé Health Science AG und des Nestlé Institute of Health Sciences bekannt. Damit will der Nahrungsmittelkonzern einen neuen Markt an der Schnittstelle zwischen Nahrungsmitteln und Medikamenten erschliessen: So genannte Functional-Food-Erzeugnisse sollen die Vorbeugung und Behandlung von Erkrankungen wie Diabetes, Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Alzheimer unterstützen. Im Brennpunkt stehen selbstverständlich die Industrieländer mit ihrer zahlungskräftigen Kundschaft, wo die Gesundheitskosten aufgrund des zunehmenden Durchschnittsalters der Bevölkerung steigen dürften.