Votum von Actares an der Nestlé-GV 2017

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren

Mein Name ist Nicole Weydknecht. Ich bin die Geschäftsführerin von Actares, dem Aktionariat für nachhaltiges und sozialverträgliches Wirtschaften. Wir erstellen für unsere Mitglieder Abstimmungs­empfehlungen unter Berücksichtigung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien und nehmen an den Generalversammlungen die an uns delegierten Stimmrechte wahr.

Für Actares sind, bezogen auf die Lebensmittelindustrie, zwei Punkte von besonderer Wichtigkeit für nachhaltiges, verantwortungsvolles Wirtschaften:

  1. Über die ganze Wert­schöpfungs­kette hinweg ein sorgfältiger Umgang mit Ressourcen und den damit verbundenen Folgen für Mensch, Tier und Umwelt.
  2. Strikte Vorgabe und Durchsetzung von Compliance-Regeln, auch ausserhalb der Schweiz und für alle Zulieferer.

Heute möchte ich deshalb über ein gravierendes Umweltproblem sprechen, das mit der Lebensmittelindustrie in Verbindung steht: die Zerstörung riesiger Waldflächen und anderer artenreicher Ökosysteme zugunsten der Soja-Produktion.

Im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte wurde die Anbaufläche für Soja stärker ausgedehnt als für jegliche andere Nutzpflanze weltweit. Die gesamte Soja-Anbaufläche entspricht einer Fläche so gross wie Frankreich, Deutschland, Belgien und die Niederlande zusammen. Beunruhigend ist die Situation vor allem in Südamerika: Immer tiefer stossen dort die Soja-Felder in den Atlantikwald und die artenreiche Savanne Cerrado vor, zerstören gigantische CO2-Speicher und führen zu Degradierung und dem Verlust von Artenvielfalt.

Actares ist erfreut darüber, dass Nestlé die Abholzung als Problem erkannt hat und angibt, sich für den Schutz der Wälder einzusetzen. In Nestlés „no deforestation commitment“ steht: Bis 2020 sollen weltweit alle Produkte von Nestlé so hergestellt werden, dass sie nirgends zur Abholzung beitragen.

Leider gelten Nestlés Nach­haltigkeits­standards nur für direkt eingekauftes Soja, aber nicht für solches, welches in Nestlés Zulieferketten als Tierfutter verwendet wird. Rund 80 Prozent der weltweiten Soja-Produktion wird aber nicht direkt konsumiert, sondern landet in den Futtertrögen von Rindern, Kühen, Schweinen, Hühnern und Fischen und anschliessend in Form von Eier- und Milchprodukten oder Fleisch und Fisch auf unseren Tellern.

Studien vom WWF zeigen, dass bei Firmen wie Nestlé die Menge an diesem „versteckten Soja“ um ein Vielfaches grösser ist als der „direkte“ Einkauf. Nestlés Verwendung von indirektem Soja trägt also stark zur Abholzung der Wälder bei, und sollte im Sinne von Nestlés „no deforestation commitment“ unbedingt verantwortungs­bewusst geregelt werden. Dies ist jedoch heute nicht der Fall.

Im Gegensatz zu einiger seiner Konkurrenten war Nestlé nicht bereit, 2016 bei der Soy Scorecard des WWF transparent über den Einsatz von Futtermittel-Soja in ihren Wert­schöpfungs­ketten und den angewandten Nachh­altigkeits­standards Bericht zu erstatten. Actares bedauert dies und stellt folgende Fragen:

  • Kennt Nestlé die Produktionsstandards, nach welchen Soja im Tierfutter seiner Lieferanten von Milch, Fleisch, Eiern und Fisch produziert wird und ist Nestlé bereit, transparent darüber zu berichten?
  • Wie gedenkt Nestlé vorzugehen, um die Umwelt- und Sozialrisiken im Zusammenhang mit Soja im Tierfutter in den Griff zu bekommen und seiner Verpflichtung zu entwaldungs­freien Produkten und Zulieferketten bis 2020 auch diesbezüglich auf eine glaubwürdige Weise nachzukommen?

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit

(Votantin: Nicole Weydknecht, Geschäftsführerin von Actares)