Votum von Actares an der LafargeHolcim-GV 2019

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren Verwaltungsräte,
meine Damen und Herren Mitaktionäre von LafargeHolcim

Mein Name ist Frank van Pernis, Mitglied von Actares, Aktionären und Aktionärinnen für nachhaltiges Wirtschaften, gegründet im Jahr 2000.

Zuerst werde ich aufgrund eines konkreten Beispiels einige allgemeine Gedanken zum Verhältnis zwischen Zement, Umwelt und Klima vorbringen. Anschliessend werde ich näher auf den Bezug der Umwelt- und Klima-Problematik zur Entlohnung der Mitglieder des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung eingehen.

Die CO2-Falle – ein Musterbeispiel
Strukturbedingt zählt die Zementindustrie zu den grössten Emittenten von Treibhausgas (5 bis 7% aller weltweiten CO2.-Ausstösse). Beim Verbrennen von Schweröl, alten Reifen, Plastik und Abfällen aller Art usw. für die Herstellung von Zement entsteht unter anderem das CO2, das für den Treibhauseffekt in der Erdatmosphäre verantwortlich ist. Dies hat zweierlei Folgen:

  1. Erstens: Durch die Temperaturerhöhung der Erdatmosphäre infolge des Treibhauseffektes kann die Luft mehr Wasserdampf aufnehmen, was die Energie in der Atmosphäre vergrössert und extreme Wetterlagen und stärkere Niederschläge begünstigt.
  2. Die Temperaturerhöhung der Atmosphäre beschleunigt das Abschmelzen der Gletscher und der polaren Eiskappen, was eine Erhöhung des Meeresspiegels zur Folge hat. Gebiete und Länder der Welt mit niedrigen Küstenlinien werden durch beide Faktoren bedroht, (denken wir etwa an Venedig, Bangla Desh und die Niederlande). So hat die niederländische Regierung beschlossen, den Abschlussdeich zwischen der Nordsee und dem IJsselmeer zu verstärken und zu erhöhen. Sie möchte damit künftige Überflutungen möglichst abwenden. Das Projekt soll 2022 fertiggestellt werden und LafargeHolcim hat in diesem Zusammenhang einen Grossauftrag erhalten. Daraus ergibt sich nun das folgende Paradoxon: Wenn es dem Klima schlechter geht, profitiert die Zementindustrie!

Umwelt und Entlohnung
Eine Firma, die sich auf Klima-Risiko-Bewertungen von Grossunternehmen spezialisiert hat, ist Carbon Delta. Diese schätzt, dass für LafargeHolcim Kosten von mehreren Milliarden USD anfallen würden, um das 2015 an der Klimakonferenz in Paris vereinbarte, angestrebte 2-Grad-Szenario bis zum Jahr 2030 umzusetzen. Nach dieser Schätzung könnte es für Investoren der LafargeHolcim ein grösserer Wertverlust ihrer Aktien bedeuten! Langfristig orientierte Investoren, z.B. Pensionskassen und Lebensversicherungen, müssen solche Risiken berücksichtigen. Es sind alles Risiken mit voraussehbar hohen, steigenden Kosten. Diese wichtigen strategischen Themen scheinen bis heute aber kaum in der Vergütung der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrats widerspiegelt. Wie ernst ist es Herr Jenisch um die Umwelt, um die zukünftigen Risiken und die finanzielle Belastung, wenn bei seinem Lohn von 7.4 Millionen Franken, das Klima und die Umwelt höchstens ein paar wenige tausend Franken ausmachen?

Meine Fragen an Sie, Herr Hess, sind deswegen die folgenden:

  1. Wie wichtig nimmt LafargeHolcim die Umwelt und das Klima, bzw. die Nachhaltigkeit, wenn die CO2-Problematik in keinem Strategiepapier enthalten ist? Unsere Kinder und Enkelkinder gehen ja für die Zukunft unseres Planeten auf die Strasse!

  2. Ab wann werden langfristige ESG Kriterien in angemessener Art in der Entlohnung der Geschäftsleitung berücksichtigt? Ab 2020, wie im Gespräch mit Actares erwähnt?

  3. Bis heute scheint die Portfolio-Strategie nur auf Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität ausgerichtet. Wo steht das CO2 und wie werden die ESG-Kriterien im Lohn des VR und der Geschäftsleitung berücksichtigt?

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Votant: Frank van Pernis, Mitglied von Actares)