Interview: Kaspar Hohler

Kaspar Hohler ist Chefredaktor des Verlags Personalvorsorge und Sozialversicherung (VPS). Neben der Publikation von Fachzeitschriften engagiert sich VPS auch in der Aus- und Weiterbildung von Stiftungsräten, Präsidenten und Vizepräsidenten von Pensionskassen (PK) sowie Personen, die mit der beruflichen Vorsorge und den Sozialversicherungen verbunden sind. Alle diese Aktivitäten ermöglichen es VPS, PK-Leitende auch vermehrt für nachhaltiges Anlegen zu sensibilisieren und sie mit dem nötigen Fachwissen auszustatten.

Actares vertritt die Ansicht, dass PK-Versicherte mitverantwortlich sind für die Verwendung ihrer PK-Beiträge. PK sollten ihre Versicherten entsprechend transparent über ihr Anlageverhalten informieren. Wie sieht die aktuelle Situation in der Schweiz aus?
Nehmen wir als Beispiel die Aktionärsrechte: Mit der Annahme der Minder-Initiative im Jahr 2013 wurden Pensionskassen verpflichtet, ihre Stimmrechte bei Schweizer Aktiengesellschaften wahrzunehmen und gegenüber den Versicherten offenzulegen. Einige Pensionskassen haben diese Pflicht als Chance verstanden, die Stimmrechte systematischer wahrzunehmen und ihr Abstimmungsverhalten den Versicherten leicht und zeitnah zugänglich zu machen, etwa über ihre Website. Andere Kassen verstehen die neue Bestimmung eher als regulatorisches Ärgernis. Einige haben in der Konsequenz sogar ihre direkt gehaltenen Schweizer Aktien abgestossen.

Wie sensibilisiert sind Pensionskassen für die Anliegen von Versicherten, die auf das Anlageverhalten ihrer Pensionskasse Einfluss nehmen möchten?
Meiner Erfahrung nach würden sich Stiftungsräte wie auch Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer freuen über mehr Rückfragen und Vorschläge seitens der Versicherten. Diese sind aber in aller Regel passiv und interessieren sich, wenn überhaupt, höchstens für die Leistungen der Kassen. Zum Abstimmungsverhalten wie auch generell zum Anlageverhalten gibt es auch bei sehr grossen Firmenpensionskassen und Sammeleinrichtungen praktisch keine Rückmeldungen.

Welche Möglichkeiten haben Versicherte, um auf ihre Pensionskasse Einfluss zu nehmen?
Das System der beruflichen Vorsorge beruht auf der Sozialpartnerschaft und ist geradezu prädestiniert dafür, die Anliegen von Versicherten aufzunehmen. Sie können sich um eine Wahl in den Stiftungsrat bemühen – viele Kassen haben Probleme, Kandidatinnen und Kandidaten für dieses Amt finden. Arbeitnehmende können ihre Stiftungsräte mit Fragen oder Ideen direkt angehen, bei einigen grossen Kassen gibt es zudem Delegierte, die als zusätzliche Ansprechpersonen für Versicherte da sind. Auch der Arbeitgeber kann auf Pensionskassenanliegen angesprochen werden – bei KMU sogar mit dem Wunsch, als Unternehmen die Pensionskasse zu wechseln. Genutzt werden diese Möglichkeiten viel zu selten.

Wie schätzen Sie die Wirkung von Kampagnen wie PensionFairVote ein, bei der Versicherte ihre Pensionskassen per Brief zu ihrem Abstimmungsverhalten an den Generalversammlungen befragten?
Es liegt in der Natur des Menschen, dass er zunächst einmal keine Freudensprünge macht, wenn Druck auf ihn ausgeübt wird. Bei Pensionskassen kommt dazu, dass sie bereits in einem extrem engen Regulierungskorsett stecken – zusätzliche Aufgaben werden da zunächst einmal skeptisch gesehen, siehe Minder-Initiative. Anliegen zu nachhaltigem Anlageverhalten sollten daher auf Freiwilligkeit beruhen und nicht vom Gesetzgeber vorgegeben werden. Gerade in Sachen Nachhaltigkeit bewegt sich viel in den Kassen: Viele Kassenverantwortliche bilden sich entsprechend weiter, die Investitionen werden überprüft. Ob dies nun wegen öffentlicher Kampagnen oder aus der simplen Erkenntnis geschieht, dass Nachhaltigkeit wichtig und auch im Hinblick auf die Rendite sinnvoll ist, lässt sich nicht sagen.

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