Interview: Adrian Knoepfli

Adrian Knoepfli arbeitet als Wirtschaftsjournalist und Wirtschaftshistoriker in Zürich. Aus seiner Feder wurden bereits zahlreiche Firmengeschichten publiziert. Als Mitglied der Arbeitsgruppe für Kommunikation bringt Adrian Knoepfli seine wertvolle Erfahrung auch bei Actares ein. Er wird an der nächsten Mitgliederversammlung von Actares vom 30. September 2015 ein Referat über die Entstehungsgeschichte von Actares halten und vertieft auf die Rolle und die Aufgaben der Organisation in der Wirtschaft, Gesellschaft und Politik eingehen.

Actares wurde vor 15 Jahren gegründet. Von wem? Und was waren die Beweggründe?
In den 1980er Jahren begannen sich auch in der Schweiz kritische Aktionärinnen und Aktionäre zu organisieren, mit dem Ziel, die Konzerne sozial- und entwicklungspolitisch zu einem verantwortungsvollen Verhalten zu bewegen. Entsprechende Gruppen entstanden bei Nestlé 1981 (Canes) und bei der SBG 1986 (VkA, Verein kritischer Aktionärinnen und Aktionäre der Schweizerischen Bankgesellschaft). Actares ist die Nachfolgeorganisation von Canes und VkA, wobei die Federführung anfänglich klar in der Romandie lag.

Welches waren seit der Gründung die wichtigsten Erfolge und Aktivitäten?
Hartnäckig hat Actares von den Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte gefordert. Diese sind heute weit verbreitet, auch wenn die Qualität teils noch immer zu wünschen übrig lässt. Ich möchte aber nicht einzelne Erfolge aufzählen, sondern generell feststellen, dass Actares die Tätigkeit (Vertretung an den Generalversammlungen, Gespräche mit den Firmen, Studien u. a.) sukzessive ausgebaut hat und eine ernst zu nehmende Stimme geworden ist, obwohl sie an den GVs vergleichsweise wenige Aktien auf die Waage bringt. Von den Unternehmen wird Actares heute als Gesprächspartnerin anerkannt.

Welche Rolle hat eine Organisation wie Actares in der Gesellschaft, der Wirtschaft und der Politik? Wie nötig ist eine solche Organisation?
Lange waren die Generalversammlungen eine Art Gottesdienst, welcher möglichst nicht gestört werden sollte. Die Vorgängerorganisationen von Actares wurden denn anfänglich auch als üble Störefriede betrachtet. Heute ist es wichtig, dass es neben den einflussreichen StimmrechtsvertreterInnen, die meist nur die Rendite im Auge haben, auch eine Organisation gibt, die den Finger auf wunde Punkte legt und von den Firmen unvermindert ein umwelt- und sozialverträgliches Verhalten im In- und Ausland verlangt. Actares vertritt nicht nur die Einzelaktionärinnen und -aktionäre, sondern spricht auch alle Personen an, die indirekt über die Pensionskassen Aktien besitzen.

Welche Veränderungen erwarten Sie in Zukunft?
HistorikerInnen sind keine PrognostikerInnen … Einerseits ist es erfreulich, dass seit der Minder-Initiative die Aktionariatsdemokratie in aller Munde ist. Andererseits erschwert das aber die Positionierung von Actares. Auf dem gleichen Terrain sind mittlerweile viele MitspielerInnen am Werk, Ethos, andere NGOs usw., die ebenfalls Recherchen anstellen und an den GVs teilnehmen. Actares muss künftig wohl vermehrt Kooperationen eingehen. Ein grosser Vorteil ist die Unabhängigkeit, welche es Actares erlaubt, gegenüber den Unternehmen pointierter als andere aufzutreten. Fortschritte wurden erzielt, aber von einer Demokratisierung der Wirtschaft sind wir weit entfernt. Und leider haben immer noch viele Leute das Gefühl, dass «die Wirtschaft» sie nichts angehe.